Der wichtigste Tag im Leben: Endlich wird geheiratet! Aber was ist das perfekte Alter dafür? Wie sollte man um die Hand der*des Angebetenen anhalten? Und welches Mitspracherecht hat eigentlich der Vater der Braut? Julian Schneider erklärt uns in dieser Folge von „Antiker Alltag“, wie die antiken Griech*innen die Ehe schlossen. Denn von Gleichberechtigung kann hier eindeutig keine Rede sein.
Folge 38 von Ausgesprochen Alt.
Über diese Quellen sprechen wir diese Folge:
Heiratsalter von Mann und Frau in den unterschiedlichen Quellen
Alter der Frau | Alter des Manens | |
Hesiod | 5 Jahre nach der Pubertät | 30 |
Platon | 15–19 | 30–35 |
Aristoteles | 17 | 36 |
Sparta | 18–20 | 25–30 |
Xenophon | 15 | / |
Aristoteles eth. Nic. 8,14 (= 1162a) über die Gemeinschaft zwischen Mann und Frau
„Die Freundschaft zwischen Mann und Frau scheint auf der Natur zu beruhen. Denn der Mensch ist von Natur noch mehr zum Beisammensein zu zweien angelegt als zur staatlichen Gemeinschaft, sofern die Familie ursprünglicher und notwendiger ist als der Staat und das Kinderzeugen allen Lebewesen gemeinsam ist. […] Die Kinder scheinen das Band zu sein, darum lösen sich die kinderlosen Ehen rascher wieder auf. Denn die Kinder sind das gemeinsame Gut beider, und das Gemeinsame hält zusammen.“
Übersetzung O. Gigon
W. Schmitz zur Funktion der Ehe in der griechischen Antike
„Ehen waren in der Antike nicht Folge einer Liebesbeziehung, sondern häuslichen Interessen untergeordnet. […] Entscheidend für den Entschluss zu heiraten war, eine Person ins Haus zu holen, die die Arbeit der Frau im Haus ausführen und legitime Kinder gebären sollte.“
Schmitz 2007, 98
Hesiod erg. 694–699 über das rechte Heiratsalter von Mann und Frau
„Zur rechten Zeit sollst du eine Frau dein Haus führen, wenn du weder viel weniger als dreißig Jahre alt bist, noch viel älter. Dann erfolgt die Heirat zum rechten Zeitpunkt. Die Frau soll vier Jahre nach der Pubertät sein, im fünften Jahr soll sie verheiratet werden. Eine jungfräuliche sollst du heiraten, die du dann die rechten Bräuche lehren kannst“
Übersetzung J. G. Schneider
Hochzeitsprozession am Abend des Hochzeitstages: Darstellung auf Pyxis
- Rotfigurige Pyxis, attisch, 440-430 v. Chr., Marlay Painter, British Museum 1920,1221.1
- Darstellung einer Hochzeitsprozession: Die Frau auf dem Wagen wird in ihren neuen Oikos, die neue Familie überführt, was durch das Ziel der Tür dargestellt wird, begleitet wird die von Fackelträgern und Personen mit Geschenken.
- Die Heimführung der Braut in großem Umzug in der Öffentlichkeit ist häufiges Bildthema auf Vasendarstellungen.
Verfrühter Tod vor der Hochzeit: Die Kore der Phrasikleia aus Athen
- ca. 540 v. Chr., parischer Marmor, 211 cm, Bildhauer: Ariston von Paros, Nationalmuseum Athen Inv. 4889
- mit Grabinschrift (IG I3 1261):
- Vorderseite: „Grabmal der Phrasikleia. Mädchen (griech. korē) werde ich immer heißen, denn statt der Hochzeit habe ich von den Göttern diesen Namen erhalten.“
- Linke Nebenseite: „Aristion aus Paros hat mich erschaffen.“ (Übersetzung J. G. Schneider)
Der tragische Tod kurz vor der Hochzeit: Zeugnis über den verfrühten Tod einer jungen Frau
„Du siehst das Grab der Pulchra, Tochter der Ammia, oh Fremder, die das [einstürzende] Haus gemeinsam mit ihren Dienern erschlagen hat vor der Zeit, auf grässlichste Weise in der Nacht, als sie von den Dämonen Schlaf und Tod besiegt wurde. Sie, die noch nicht zur Hochzeit eingeweiht war, birgt nun anstelle des Brautgemachs das Grab, die Jungfrau, die ein schlimmes Schicksal traf, da sie an der Schwelle zum Hochzeitsgemach getötet wurde. Kapiton wollte mit Geschenken gerade herbeikommen, wie es für den Mann vor der Hochzeit der Brauch ist, – sie wurde vorher erschlagen, gerade sechzehn Jahre alt.“
Der tragische Tod kurz vor der Hochzeit: Zeugnis über den verfrühten Tod einer jungen Frau (Merkelbach – Stauber, Steinepigramme II, 11/08/04), Übersetzung J. G. Schneider
Auswahlbibliographie
- A. Avagianou, Sacred Marriage in the Rituals of Greek Religion, New York u.a. 1991.
- V. Brinkmann, U. Koch-Brinmann, H. Piening, The Funerary Monument to Phrasikleia, in: Circumlitio. The Polychromy of Antique and Mediaeval Sculpture, Akten des Kolloquium Liebieghaus Frankfurt 2008, 2010, 188-217. (Stiftung Archäologie), hier online.
- M. Haase, Hochzeitsbräuche und -ritual, Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike 5 (1998), 653–654.
- E. Hartmann, Heirat, Hetärentum und Konkubinat im klassischen Athen. Frankfurt / New York 2002.
- Ch. A. Cox, Marriage in Ancient Athens, in: B. Raswson (Hrsg.), A Companion to Families in the Greek and Romans Worlds, Malden u.a. 2011, 231–244.
- C. Leduc, Heirat im antiken Griechenland, in: G. Duby, M. Perrot, P. Schmitt Pantel, (Hrsg.), Geschichte der Frauen 1. Antike. Frankfurt / New York 1997, 263–320.
- C. Reinsberg: Ehe, Hetärentum und Knabenliebe im antiken Griechenland. München 1993.
- W. Schmitz, Haus und Familie im antiken Griechenland, München 2007.
Quelleneditionen
- Aristoteles, Die Nikomachische Ethik. Griechisch-deutsch, übersetzt von Olaf Gigon, neu herausgegeben von Rainer Nickel, Düsseldorf 22007.
- Hesiod, Theogonie, Werke und Tage. Griechisch – deutsch, herausgegeben und übersetzt von Albert von Schirnding, Berlin 52012.
- R. Merkelbach, J. Stauber, Steinepigramme aus dem griechischen OstenII, München / Leipzig 2001.
- D. Lewis, L. Jeffrey, Inscriptiones Graecae I3. Dedicationes, catalogi, termini, tituli sepulcrales, varia, tituli Attici extra Atticam reperti, addenda, Berlin 1994.
Bildquellen
- Kore der Phrasikleia: CC BY-NC-SA 4.0 Zde
- Farbige Rekonstruktion der Phrasikleia Kore mit Inschrift auf Sockel: CC BY-NC-SA 4.0 R.Marthaler
- Pyxis mit Hochzeitsprozession: CC BY-NC-SA 4.0 British Museum