Ausgesprochen Alt. Der Antike Podcast

Folge 32: Born this way! Geboren werden im antiken Griechenland mit Julian Schneider

Härter als Krieg! So heißt es in einer antiken Quelle über die Geburt. Im zweiten Teil der Reihe „Antiker Alltag“ erzählt uns Julian Schneider von der Geburt im antiken Griechenland. Wie viele Kinder hatte eine jede Familie? Welche Rituale gab es rund um die Geburt zu beachten? Und dann natürlich die wichtigste Fragen: Liebten die Griechen ihre Kinder? Denn das steht zur Debatte.

Folge 32 von Ausgesprochen Alt.

Über diese Quellen sprechen wir diese Folge:

„Plangon, (die Ehefrau) des Tolmides, aus Plataiai. Tolmides aus Plataiai.“

Inschrift der Stele für Plangon (IG II2 10096; Archäologisches Nationalmuseum Athen, Inv. Nr. 749, um 320 v. Chr.)

Vgl. dazu Fig. 3 (hier online): E. A. Abdel-Aziz, Motherhood Scenes on Ancient Greek Funerary Stelae, Thraco-Davia S.N., Tomul IV-V, 2012-2013, 63-74.

„Wir leben ein gefahrloses Dasein, sagen sie [d. h. die Männer],
Im Hause, doch sie selber kämpfen mit dem Speer.
Sie denken töricht. Dreimal wollt ich lieber steh‘n
Den Arm im Schilde als gebären einmal nur.“

Eur. Med. 248–251 (in Athen aufgeführt 431 v. Chr.): Medeias Vergleich der Geburt mit Kriegseinsatz von Männern (Übersetzung nach G. Lange)

„Die [Frau] im Geburtsbett wird das Dach [d. h. das Haus] verunreinigen. Sie [wird] zwar denjenigen [unter dem Dach verunreinigen, aber] nicht denjenigen [Menschen] außerhalb des Daches, sofern dieser nicht unter [das Dach, d. h. hinein] geht. Der Mensch, wer auch immer drinnen sein möge, wird selbst verunreinigt sein für drei [Tage], einen anderen aber wird er nicht verunreinigen, wo auch immer dieser Mensch hingehen möge.“

CGRN Nr. 99: Dossier mit Reinheitsvorschriftenaus Kyrene (ca. 325–300 v. Chr.) A. Z. 16–20 (Übersetzung J. G. Schneider)

„Nach der Geburt sollen die amphidromia [wörtl. das Herumtragen] des Neugeborenen richtigerweise im Kreis stattfinden, sodass bei unserer genauen Überprüfung nicht verborgen bleibt, wenn das Neugeborene nicht aufzuziehen würdig wäre, sondern im Gegenteil kraftlos und täuschend [ist]. Oder glaubst du etwa, dass es stets notwendig sei, dein Kind aufzuziehen und nicht auszusetzen oder wirst du es auch ertragen mitanzusehen, wie es überprüft wird, und wirst du nicht heftig entrüstet sein, wenn irgendjemand es dir wegnehmen wird, wenngleich es das Erstgeborene ist?“

Plat. Tht. 160e–161a: Untersuchung des neugeborenen Kindes (Übersetzung J. G. Schneider)

„Die meisten [Kleinkinder] sterben vor dem siebten [Tag]; daher vergab man [ihnen] auch erst danach ihre Namen, weil man dann eher auf deren Überleben vertrauen konnte.“

Aristot. his. an. 588a7–10: Namensgebung eine Woche nach der Geburt (Übersetzung J. G. Schneider)

κόριλλα.
„Kleines Mädchen.“

IG VII 720 (3. Jh. v. Chr.): Grabstein aus Tanagra für ein neugeborenes Mädchen
IG VII 720: Prof. Dr. K. Hallof, Archiv der IG

πάϊλλος.
„Kindlein.“

IG VII 701 (3. Jh. v. Chr.): Grabstein aus Tanagra für ein neugeborenes Kind
IG VII 701: Prof. Dr. K. Hallof, Archiv der IG

„Any Greek or Roman who reached the age of marriage could look forward to burying one or more children, often very small ones, and to burying a wife or rather less young husband and to remarrying with the same unhappy prospects. I do not suggest that Greeks and Romans buried their children and spouses without a sense of loss; […] What I do suggest is that in a world in which such early deaths and burials were routine, so to speak, the intensity and duration of the emotional responses were unlike modern reactions, though I confess that I know no way to measure or even to identify the differences.“

M. Finley 1981, 159

„Nikopolis, Tochter des Sarapion, lebe wohl! Mit schmeichelndem Schwatzen unterhieltst du deine Eltern, wie lieblich zwitscherte dein Mäulchen darauf los. Doch mit zwei Jahren schon nahm dich der gefühlslose Hades weg vom Schoß deiner Mutter, süße Nikopolis. Lebe wohl, mein Kind! Leicht möge der Staub deinen Leib umhüllen, dich, einst des Sarapion kräftigen Sprössling.“ (Übersetzung nach W. Peek)

I.Smyrna 520 (2. Jh. v. Chr.): Grabinschrift als Zeugnisse der Kinderliebe (Übersetzung nach W. Peek)

Quelleneditionen

  • Aristotle, Historia Animalium I. Books I–X: Text, edited by D. M. Balme, Cambridge 2002.
  • Euripides, Medea. Griechisch und deutsch, übersetzt und herausgegeben von Georg Lange, München 1941.
  • Inscriptiones Megaridis et Boeotiae. Edidit Guilelmus Dittenberger, Berlin 1892. (IG VII)
  • J.-M. Carbon, S. Peels, V. Pirenne-Delforge (Hrsg.), A Collection of Greek Ritual Norms (CGRN), Liège 2016–. (online: http://cgrn.ulg.ac.be, zuletzt geprüft am 17.5.2021).
  • G. Petzl, Die Inschriften von Smyrna I. Grabinschriften, posthume Ehrungen, Grabepigramme, IK 23/1, Bonn 1982.
  • Plato, Platonis Opera I. Euthyphro, Apologia Socratis, Crito, Phaedo, Cratylus, Sophista, Politicus, Theaetetus, ed. John Burnet, Oxford 31995.

Literatur

  • V. Dasen, Childbirth and Infancy in Greek and Roman Antiquity, in: B. Rawson (Hrsg.), A Companion to Families in the Greek and Roman Worlds, Oxford / Malden 2011, 291–314.
  • N. Demand, Birth, Death, and Motherhood in Classical Greece, 1994.
  • M. I. Finley, The Elderly in Classical Antiquity, Greece and Rome 28, 1981, 156–171.
  • R. Garland, The Greek Way of Life. From Conception to Old Age, Ithaca 1990.
  • M. Golden, Children and Childhood in Classical Athens, Baltimore 22015.
  • J. E. Grubbs, T. Parkin (Hrsg.), The Oxford Handbook of Childhood and Education in the Classical World, Oxford 2013.
  • L. H. Petersen, P. Salzman-Mitchell (Hrsg.), Mothering and Motherhood in Ancient Greece and Rome, Austin 2012.